Die DNA, Fingerabdruck 33, die Quittung und die Telefonate: „Mehrere Indizien gegen Sempio“, und die Staatsanwaltschaft stellt eine Hypothese zum Motiv auf.
Die Voruntersuchung wird am 18. Dezember abgeschlossen sein, und die Ermittler beabsichtigen, die Ermittlungen Anfang 2026 einzustellen und die Anklage gegen den 37-Jährigen zu beantragen.Sempio vor der Villa wenige Stunden nach dem Verbrechen (Facebook Bugalalla Crime via Ansa)
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Das erste Foto stammt von 15:53 Uhr: Sempio spricht mit einem Reporter aus dem Auto, das in der Nähe des Hauses geparkt ist. Kurz darauf zeigen ihn weitere Bilder auf der Straße, in einem schwarzen Langarmhemd und mit sehr langen Haaren, sein Vater neben ihm. Auf diesen und anderen Aufnahmen ist auch Chiaras Tante mit ihren Töchtern Stefania und Paola Cappa zu sehen. Diese insgesamt acht Fotos, die seit dem 13. August 2007 unveröffentlicht waren, wurden von einer offenbar beschädigten Festplatte eines lokalen Fotografen wiederhergestellt, der sie an jenem Tag in Garlasco aufgenommen hatte. Sie wurden am Sonntagabend auf dem YouTube-Kanal „Bugalalla Crime“ der YouTuberin Francesca Bugamelli veröffentlicht.
Gestern Morgen erschien derselbe Fotograf nach einer Vorladung bei den Carabinieri der Mailänder Ermittlungseinheit, die die Ermittlungen der Staatsanwaltschaft Pavia leiten, und die Ermittler beschlagnahmten die Bilder, die hilfreich sein könnten, um festzustellen, wer tatsächlich an den damals von den Carabinieri durchgeführten Erhebungen teilgenommen hat.
Diese Fotos stellen keinesfalls Beweise gegen Andrea Sempio dar, gegen den wegen Beihilfe zum Mord an Chiara ermittelt wird. Seine Verteidiger betonen vielmehr: „Sie belegen lediglich die Richtigkeit von Andrea Sempios Aussagen zu seinen Handlungen am 13. August 2007. Wir hoffen, dass es mittlerweile auch Fotos oder Videos von der Piazza Ducale in Vigevano am Morgen dieses tragischen Tages gibt, um so jegliche unnötigen Zweifel an der Quittung auszuräumen.“
Sempio, der bereits in früheren Ermittlungen ausgesagt hatte, gab an, er sei am Nachmittag mit seinem Vater die Via Pascoli entlanggefahren und habe „einen Krankenwagen und einige Leute“ bemerkt, sei aber nicht angehalten. Gegen 16 Uhr sei er dann allein zurückgekehrt, habe angehalten und von einem Journalisten erfahren, „dass ein Mädchen tot aufgefunden worden sei“. Jemand habe dann gesagt, es sei Chiara. Daraufhin sei er, so seine Aussage, nach Hause gefahren und noch einmal, diesmal mit seinem Vater. Giuseppe Sempio bestätigte: „Mein Sohn ging hinaus und kam kurze Zeit später zurück, um mir zu sagen, er habe gehört, was passiert war. Also gingen wir wieder zusammen hinaus und fuhren zurück zum Tatort.“ Sempio hatte auch von einer „Menschenmenge“ auf der Via Pascoli gesprochen, die auf den Bildern nicht zu sehen ist. Am Tatort befanden sich neben den Ermittlern nur Stefania und Paola Cappa mit ihrer Mutter sowie Sempio selbst mit seinem Vater. Chiaras Eltern und ihr Bruder, die noch nicht vom Berg zurückgekehrt waren, werden vermisst, und es gibt keine anderen Bürger.
Ungeachtet der Fotos ist die Staatsanwaltschaft Pavia bereit, die Ermittlungen einzustellen und die Anklageerhebung gegen Andrea Sempio zu beantragen. Bis zum 5. Dezember wird die Sachverständige Denise Albani den Bericht im Rahmen der Voruntersuchung vorlegen, der die Übereinstimmung der an Chiara Poggis Fingernägeln gefundenen DNA mit der DNA der männlichen Linie der Familie Sempio bestätigen soll.
Wir warten außerdem auf die Stellungnahme von Professorin Cristina Cattaneo, die den Todeszeitpunkt, die Tatwaffen und die Dynamik des Verbrechens ermitteln soll, um das Bild zu vervollständigen, das die RIS in Cagliari bereits anhand der Blutspurenanalyse gezeichnet hat.
Die Anhörung zum Abschluss der Voruntersuchung findet am 18. statt. Anschließend müssen die Staatsanwälte alle Ergebnisse zusammenfassen und können Anfang 2026 aufgrund zahlreicher Indizien gegen den Verdächtigen einen Antrag auf Anklageerhebung stellen. Diese Indizien werden im nächsten Jahr zusammen mit dem Antrag auf Anklageerhebung offengelegt. Es ist möglich, dass sich bereits nach Abschluss der Voruntersuchung neue Erkenntnisse ergeben, doch einige Elemente sind bereits vorhanden, darunter das Motiv, das zwar noch unbekannt ist, von dem die Ermittler aber überzeugt sind, es identifiziert zu haben.
DNA
Das Gutachten wird bis Freitag eingereicht, doch Denise Albani hat die Analyseergebnisse bereits veröffentlicht. Diese weisen auf eine Übereinstimmung des genetischen Materials mit der männlichen Linie der Familie Sempio hin und bestätigen damit die bereits von der Staatsanwaltschaft durchgeführten Tests. Die Verteidigung geht davon aus, dass es sich bei der DNA nicht um die Signatur des Täters handelt, sondern um die Übertragung von genetischem Material von Gegenständen, die das Opfer zuvor berührt hat (Fernbedienung, Computer). Die Staatsanwaltschaft widerspricht dem unter anderem, weil sich beispielsweise unter Chiaras Fingernägeln keine DNA von Stasi oder seinen Familienmitgliedern befindet – genetisches Material, mit dem ein sekundärer Kontakt leichter möglich gewesen wäre.
Fußabdruck 33
Es handelt sich um den berühmten Fingerabdruck an der Wand der Treppe, die in den Keller führt, wo die Leiche gefunden wurde. Laut Staatsanwaltschaft Pavia und einem Gutachten des RIS weist er 15 Übereinstimmungen mit Sempios Fingerabdruck auf. Er ist eines der wenigen Dokumente, die die Ermittler in den vergangenen Monaten entdeckten und die Tg1 zugespielt wurden, nachdem Sempio nicht zur Vernehmung erschienen war. Die Verteidigung argumentiert, der Fingerabdruck sei niemandem zuzuordnen.
Das Ticket
Dann ist da noch der Strafzettel aus Vigevano, den Sempio 2008, ein Jahr nach dem Mord, den Carabinieri aushändigte. Er sollte dem 37-Jährigen ein Alibi liefern und beweisen, dass er sich zum Zeitpunkt von Chiaras Tod nicht in Garlasco aufhielt. Abgesehen von dem merkwürdigen Umstand, dass der Strafzettel ein Jahr lang aufbewahrt wurde, gehört er laut Staatsanwaltschaft jedoch nicht Sempio, der an jenem Morgen nie in Vigevano war. Zeugen zufolge gehört der Strafzettel seiner Mutter, die an jenem Morgen nach Vigevano gefahren war, um eine Freundin zu treffen.
Die Anrufe im Haus Poggi
In den Tagen vor der Tat telefonierte Sempio mehrmals mit Familie Poggi. In seiner Aussage gab er an, er habe angerufen, um sich zu vergewissern, dass sein Freund Marco zu Hause sei. Doch abgesehen von der Merkwürdigkeit dieser Anrufe (Sempio rief Marco stets auf dessen Handy an) halten die Ermittler es für unwahrscheinlich, dass Sempio nicht wusste, dass Marco sich in den Bergen aufhielt, da die beiden sich so oft sahen.
Die Brescia-Untersuchung
Es handelt sich um zwei separate Ermittlungen, die von zwei verschiedenen Staatsanwälten geführt werden. Sollte sich jedoch herausstellen, dass die Ermittlungen gegen Sempio aus dem Jahr 2017 durch Korruption beschleunigt wurden, würde sich Andreas Lage verschärfen. Der 37-Jährige und seine Familie, die von den Ermittlern aus Brescia befragt wurden, beteuern, dass die drei damaligen Anwälte (Soldani, Grassi und Lovati) das Geld für ihre Verteidigungskosten verlangt und es ausschließlich in bar akzeptiert hätten.
Das Motiv
Dieser Punkt wurde während der Ermittlungen streng geheim gehalten. Doch die Ermittler ließen durchblicken, dass sie auch ein Motiv identifiziert haben – das im Fall Alberto Stasi nie gefunden wurde. Sie entdeckten eine Verbindung zwischen dem Opfer und Sempio. Der 37-Jährige hatte stets beteuert, dass er und Chiara keine Beziehung führten, und gerade diese fehlende Verbindung zwischen den beiden war ein starkes Argument in Sempios Verteidigung, um seine Unschuld zu beweisen.
(Unioneonline)
