Primo und Bianca begegneten sich zum ersten Mal als Teenager bei einer Wanderung in den Bergen um Turin. Sie teilten Geheimnisse, lachten viel und träumten von einem Leben voller Hoffnung. Doch die Rassengesetze, dann der Krieg und die deutsche Besatzung veränderten alles. Und Bianca und Primo, die sich so ähnlich fühlten, erkannten, wie verschieden sie waren. Primo, Jude und mit Nachnamen Levi, wurde verhaftet und in einem Transport nach Auschwitz deportiert. In dieser von Menschenhand geschaffenen Hölle verlor er nichts von seiner Würde und Menschlichkeit, selbst angesichts extremster Brutalität. Später wurde er einer der bedeutendsten Zeugen des 20. Jahrhunderts.

Bianca, geboren als Bianca Guidetti Serra, blieb in Turin und wurde Kurierin der Partisanen. Sie war eine freie Frau im wahrsten Sinne des Wortes: freidenkend, scharfsinnig, stark und mutig, mit einem verspielten und ironischen Wesen. Unter dem Namen Nerina kämpfte sie im Widerstand, riskierte ihre Identität und war empört über die Ungerechtigkeiten, die sie miterlebte, über die Rassengesetze und die Verachtung ihrer Freunde. Sie stritt mit den Menschen ihrer Stadt, die schliefen, nichts sahen und so taten, als hörten sie nichts. Sie riss die Plakate herunter, die Turin mit Hass verherrlichten. Sie schwang sich aufs Fahrrad und stellte sich diesen schweren Jahren, ohne sich zurückzuhalten, ohne Ausreden, getragen von tiefer Menschlichkeit und bemerkenswerter Sensibilität. Nach dem Krieg konnte sie Primo wieder in die Arme schließen und eine tiefe Freundschaft mit ihm schließen, die ein Leben lang halten sollte. Es war Bianca, die Primo selbst in den dunkelsten Stunden Trost spenden konnte.

La copertina del libro
La copertina del libro
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Mit „Ich komme mit Papierflügeln zu dir“ (De Agostini, 2025, 160 Seiten, auch als E-Book erhältlich) wendet sich Romina Casagrande vor allem an die jüngere Generation mit einer Geschichte, die das Schicksal zweier junger Menschen schildert, die gezwungen sind, viel zu schnell erwachsen zu werden und sich unterschiedlichen, aber gleichermaßen entscheidenden Prüfungen zu stellen. In diesen schrecklichen Jahren werden nicht nur die Taten von Primo und Bianca, sondern auch ihre Worte zum Widerstand: Versteckte Notizen, im Wind verwehte Zettel, die sie trotz der Entfernung und des Krieges wieder vereinen. Und sie geben ihnen den Mut zum Überleben. Ihre Stimmen verweben sich mit denen anderer Männer und Frauen, die von den Bahnsteigen Botschaften der Hoffnung, der Liebe und des Abschieds geschickt haben: Erinnerungsfragmente, die uns erreicht haben, getragen von Papierflügeln. Jene Papierflügel, die dem Buch seinen Titel geben. Wie bereits erwähnt, ist es ein Buch für junge Leute, das sich aber an alle richtet, denn es ist eine Hommage an Primo, an Bianca, an all jene jungen Menschen, die noch daran glauben, dass gute Gefühle wie Freundschaft alles überwinden können, selbst in der dunkelsten und längsten Nacht.

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