Vom privaten Dokument zum Gegenstand öffentlicher Reflexion, von der häuslichen Erinnerung zum Stück kollektiver Geschichte: Familienfilme erleben ein zweites Leben.

Auch in Cagliari ist es wieder so weit: Vom 18. bis 20. Oktober finden die Home Movie Days statt , eine jährliche Veranstaltung, die sich der Bewahrung, Erforschung und Förderung privater audiovisueller Erinnerungen widmet. Dieses in Italien einzigartige Event findet nun schon zum dritten Mal in der Cineteca Sarda und auf der Zoom-Plattform statt und zieht ein internationales Publikum an.

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Die Veranstaltung wird von Re-framing Home Movies Aps gefördert , einem nationalen Verband, der sich seit Jahren dafür einsetzt, unsere Sicht auf Amateurfilme zu verändern. Denn diese alten Super-8- oder 16-mm-Filme – scheinbar unbedeutend – enthalten in Wirklichkeit wertvolle Spuren unserer Vergangenheit, sowohl unserer persönlichen als auch unserer kollektiven.

„Es geht nicht mehr darum, ‚gefundenes Filmmaterial‘ als verwaistes Material zu behandeln“, erklären die Kuratoren Karianne Fiorini und Gianmarco Torri, „sondern darum, Quellen aktiv zu suchen, zu katalogisieren, zu archivieren und der Community zurückzugeben.“

Die Home Movie Days sind in drei Hauptbereiche unterteilt : Archivierungspraktiken, Nicht-/Gefundenes/Filmmaterial und Mikrogeschichten. Das Programm ist dicht und vielschichtig, folgt aber einem gemeinsamen roten Faden: der Reflexion darüber, wie Familienfilme zu kulturellen Ressourcen, Studienmaterialien und kreativen Werkzeugen werden können.

Der erste Abschnitt, der jeden Morgen stattfindet , ist den Archivierungsmodellen gewidmet, die von großen europäischen Institutionen entwickelt wurden: von der Cineteca Basca über das Österreichische Filmmuseum bis hin zur neu gegründeten französischen Plattform Amorce, die bereits über 25.000 Filme online verfügbar macht. Am Nachmittag konzentriert sich Not/Found/Footage auf die Erzählung und Neuinterpretation spezifischer Archive: der Cineteca Sarda, des Ton Anonymon Center in Athen und des lettischen Nationalarchivs.

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Jeder Tag endet mit Microstorie, einem Abendteil, der redaktionelle Präsentationen mit thematischen Vorführungen kombiniert .

Diskutiert wird unter anderem über Pietro Agnolettos Buch „From the Tourist's Gaze“, „The Archival Impermanence Project“ des Filmemachers und Archivars Ross Lipman sowie das Buch „9.5mm Film and Participatory Media“ von Annamaria Motrescu-Mayes und Zoë Viney Burgess. Begleitende Vorführungen reichen vom griechisch-deutschen Dokumentarfilm „Super Paradise“ bis hin zu historischen Kurzfilmen des legendären Sid Laverents.

Neben den öffentlichen Veranstaltungen bietet die Veranstaltung auch einen Workshop zum Digitalisierungsprozess von Schmalfilmen unter der Leitung von Luca Portas. Zu den Höhepunkten zählt Ross Lipmans Meisterkurs mit dem vielsagenden Titel: „Die Restaurierung und Nicht-Restaurierung von Heimvideos und Schmalfilmen.“

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Eine kritische Untersuchung der im Amateurkino angewandten Restaurierungspraktiken: Ist es richtig, diese Materialien zu „verbessern“, oder ist es ethischer, sie in ihrer Unvollkommenheit für sich selbst sprechen zu lassen?

Abgerundet wird das Erlebnis durch eine kleine, aber bedeutende Ausstellung: „Amateur Film Equipment“, die Kameras, Projektoren und Medien zeigt, die zwischen 1923 und 1990 verwendet wurden. Eine Reise in die Materialität der Erinnerung.

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