An der Grenze zwischen Traum und Ernüchterung
Der Freiheitsbaum: Ein Roman über den NordirlandkonfliktPer restare aggiornato entra nel nostro canale Whatsapp
„The Sky of Ireland“ ist eine fesselnde Ballade von Massimo Bubola, die Fiorella Mannoia berühmt machte. Sie erzählt die visuelle und farbliche Pracht Irlands in eindrucksvollen Bildern. Zeile für Zeile wird der irische Himmel zu einem „Meer aus Wolken und Licht“, einem „schnell dahinziehenden Teppich“ oder einer „am Himmel grasenden Herde“. Schließlich wird der irische Himmel metaphorisch als Akkordeon spielender Gott dargestellt, der scheinbar alle, Männer und Frauen, bei ihren Feierlichkeiten begleitet.
Wenn man diese Worte liest und vielleicht auch singen hört, kann man sich kaum vorstellen, wie schmerzhaft die Geschichte Irlands über weite Strecken war. Irland war ab dem 16. Jahrhundert der harten englischen Herrschaft unterworfen und erlangte erst nach einem langen Krieg im Jahr 1921 seine Unabhängigkeit. Am Ende dieses Konflikts blieben jedoch einige irische Provinzen Großbritannien untertan, und so entstand Nordirland, ein Grenzland, das tief gespalten war zwischen pro-englischen Protestanten und Katholiken, die entschlossen waren, sich mit Irland wieder zu vereinen. Die Folge waren jahrzehntelange Kämpfe und ein Bruderkrieg, der von 1968 bis 1998 andauerte.
Ein zu oft vergessener europäischer Krieg, der nordirische, wird in William Walls spannendem Roman „The Liberty Tree“ (Aboca Edizioni, 2025, S. 208, auch als E-Book erhältlich) zum Leben erweckt. Das Buch beginnt im Jahr 1969 in Südirland. Während der Mensch sich auf die Mondlandung vorbereitet, leben zwei Brüder, Liam Óg und Seán, in einem kleinen Küstendorf.
Ihre Kindheit ist geprägt von Freiheit, Naturverbundenheit und Abenteuern am Cannavee Beach, wo sie einen großen, von der Flut angeschwemmten Baum entdecken, der zum Mittelpunkt ihrer Fantasien und Spiele wird. Die Küstenlandschaft, das Meer und der Baum sind für sie ein sicherer Hafen, ein Ort der Fantasie und Freiheit. Sie sind ihr Rückzugsort vor der Hässlichkeit der Welt, die die beiden jungen Menschen manchmal in den Gesprächen ihrer Eltern mitbekommen. Der Vater der Jungen ist Journalist und wurde ausgesandt, um über die Ereignisse im Zusammenhang mit dem Nordirlandkonflikt (politische Gewalt in Nordirland) zu berichten. Durch die Nachrichten und die Briefe ihrer Mutter bekommen die Jungen eine Ahnung von der Spannung, die das Land erfasst. Die Begegnung mit Monica, einem Mädchen, deren Haus während der Auseinandersetzungen zwischen Katholiken und Protestanten niedergebrannt wurde, konfrontiert Liam und Seán direkter mit der Gewalt der Erwachsenenwelt. Monica erzählt ihnen von einem Konflikt, der ihnen zuvor fern schien … Während sich der Alltag zwischen Erkundungen und neuen Freundschaften entfaltet, wird die Realität des irischen Bürgerkriegs immer präsenter, belastender und bewegender. Liam Óg und Seán werden gezwungen, sich mit der Geschichte und den aktuellen Ereignissen um sie herum auseinanderzusetzen. „The Liberty Tree“ ist somit ein Roman, der poetische und melancholische Elemente mit der harten historischen Realität verbindet und so ein lebendiges Porträt einer Ära und Generation zeichnet, die zwischen Traum und Ernüchterung schwankt. Gleichzeitig ist es eine großartige Generationenparabel, die den Übergang von der kindlichen Unschuld zum Bewusstsein für die Komplexität der Welt einfängt.