Angriff auf Deir al-Balah, Feuer regnet auf Gaza herab: Unter den Vertriebenen tötet der Hunger sogar Neugeborene
Angesichts dieser Katastrophe vertieft sich die Kluft zwischen Israel und einem Teil der internationalen Gemeinschaft.Per restare aggiornato entra nel nostro canale Whatsapp
Im Gazastreifen war Deir al-Balah einer der letzten Orte, der von der Zerstörung verschont blieb. Die Straßen waren noch befahrbar, die Gebäude noch nicht in Schutt und Asche gelegt – eine scheinbare Atempause vom Chaos.
Dort inszenierte die Hamas vor einigen Monaten eine finale Auseinandersetzung: Vermummte Kämpfer, eine versammelte Menge und Geiseln, die in einem theatralischen Ritual dem Roten Kreuz übergeben wurden. Ein verzweifelter Versuch zu demonstrieren, dass die Gruppe auch nach dem Tod ihres Anführers Yahya Sinwar noch immer Stimme und Macht hatte.
Doch diese Geste wurde zum Vorwand für die schwerwiegendste Offensive. Gestern Morgen marschierten israelische Truppen in Deir al-Balah ein. Zuerst ertönten Lautsprecher, die die Evakuierung anordneten – von den Vereinten Nationen als regelrechte Deportation definiert –, dann kamen Panzer und Artillerie. Damit begann eine weitere Phase der israelischen Operation zur vollständigen Vernichtung Gazas.
Viele Bewohner mussten fliehen und sind in provisorischen Lagern gelandet, wo Wasser und Nahrung nur noch eine Fata Morgana sind. Andere jedoch sind geblieben und können sich nicht mehr bewegen.
Tel Aviv rechtfertigt den Angriff unterdessen mit der Befreiung der überlebenden Geiseln. Doch die Familien der israelischen Gefangenen erheben scharfe Anklage: „Die Regierung setzt das Leben der Geiseln wissentlich aufs Spiel“, prangert das Familienforum an. „Niemand kann länger so tun, als wüsste er nichts.“
Bis gestern galt Deir al-Balah als rote Zone, ein Gebiet, das gerade wegen des Verdachts, dort könnten lebende Geiseln festgehalten werden, nicht angegriffen werden sollte. Doch die Bomben trafen trotzdem ein. Palästinensischen Quellen zufolge wurden bei den ersten Angriffen mindestens drei Menschen aus dem Bezirk getötet.
Auch Italien zeigte sich besorgt über die Eskalation. Mehrere italienische Helfer, die für humanitäre Organisationen tätig sind, befinden sich in der Region. Außenminister Antonio Tajani forderte eine sofortige Einstellung der Feindseligkeiten.
Doch in Gaza geht die Gefahr nicht nur von den Bombenangriffen aus. Dr. Fidaa al-Nadi, eine der wenigen verbliebenen Ärztinnen im Nasser-Krankenhaus, berichtet von einer weiteren alltäglichen Tragödie: „Jeden Tag verlieren wir ein oder zwei Kinder durch Unterernährung.“ Gestern starb der drei Monate alte Yahya al-Najjar. Seine Mutter war völlig erschöpft und konnte ihn nicht mehr stillen. Säuglingsnahrung fehlt seit einiger Zeit. Internationale Hilfskräfte sprechen von einer beispiellosen humanitären Krise.
Angesichts dieser Katastrophe vertieft sich die Kluft zwischen Israel und einem Teil der internationalen Gemeinschaft. 28 Länder – darunter Italien, Großbritannien, Frankreich, Japan und Kanada – haben eine gemeinsame Erklärung unterzeichnet, in der sie die Tötung wehrloser Zivilisten und die planlose Verteilung der Hilfsgüter verurteilen. Die Erklärung verurteilt Zwangsvertreibungen und die Schaffung geschlossener humanitärer Zonen, aus denen Menschen nur „tot oder vertrieben“ herauskommen.
Weder die USA noch Deutschland schlossen sich der Erklärung an. Berlin distanzierte sich lediglich von der Offensive: Bundeskanzler Friedrich Merz erklärte, dass „israelische Aktionen nicht gerechtfertigt sind“.
Tel Aviv reagierte mit dem Vorwurf, die Unterzeichner würden „abseits der Realität leben“ und gab der Hamas die Schuld. US-Botschafter Mike Huckabee drückte es noch deutlicher aus: „Es ist beschämend! Israel und nicht die Terroristen zu beschuldigen, ist beschämend.“
Unterdessen steigt die Zahl der Todesopfer. Nach Angaben der lokalen Behörden starben zwischen Sonntag und Montag mindestens 130 Menschen, über tausend wurden verletzt. Es war einer der tragischsten Tage seit Beginn des Konflikts.
(Unioneonline/Fr.Me.)