Es gibt einen Faden, der Erinnerung und Schmerz verbindet, und Chiara Tramontano hat beschlossen, ihm mit dem Stift in der Hand zu folgen und sich in die Dunkelheit zu graben, um Licht in das Gesicht ihrer Schwester Giulia zurückzubringen.

Er tat dies mit dem Buch „Ich werde nie aufhören, nach dir zu suchen“ und einem Akt der Liebe, einer Rebellion gegen das Vergessen, einer dringenden Botschaft an diejenigen, die zurückbleiben.

Giulia Tramontano war 29 Jahre alt, im siebten Monat schwanger, und ihr Name ist zu einem tragischen Symbol in den italienischen Kriminalnachrichten geworden. Der Fall, der 2023 in Senago, vor den Toren Mailands, von ihrem Partner Alessandro Impagnatiello getötet wurde, erschütterte Italien. Doch hinter dem Medienrummel, den Schlagzeilen und den Urteilen gab es – und gibt es noch immer – eine Schwester, die nie aufhörte, nach Giulia zu suchen. Schweigend, voller Wut, im täglichen Kampf um die Erinnerung.

Chiara, heute Forscherin in den Niederlanden, betrat die Bühne des Festivals „Il Libro Possibile“ in Polignano a Mare, um diese Geschichte zu erzählen. Eine private Geschichte, die zu einer kollektiven wurde.

„Das Schreiben war eine Reise, die mich wie ein Schlag ins Gesicht zurückließ“, gesteht sie. Denn in Erinnerungen zu graben, ist nicht einfach. Vor allem, wenn die Bilder dieser Tage anders zurückkommen, als man immer für real gehalten hat. „Mein Bruder konfrontierte mich mit einer Wahrheit, die ich verdrängt hatte. Es war ein Selbstverteidigungsmechanismus.“

Schreiben war daher ein Akt der Gerechtigkeit, aber auch des Widerstands. „Ich hatte Angst, die Welt würde vergessen, wer Giulia war. Bevor sie ‚eine von vielen‘ wurde, wollte ich, dass die Menschen wissen, wer sie war: eine Frau, die zuhörte, die nachdachte, die liebte.“

Und auf dieser Reise entdeckte Chiara eine neue Version ihrer selbst: „Ich sah mich selbst in der Chiara, die in Senago nach Giulia suchte, aber ich lernte auch die Chiara wiederzuerkennen, die nach ihr kam. Nachdenklicher, fähiger zuzuhören, so wie sie.“

In Giulia spiegelt sich Chiara heute jeden Tag wieder und versucht, ihre Stimme in ihren eigenen Handlungen und Gedanken widerhallen zu lassen. „Damit sie nie ganz verschwindet.“

Aber es gibt auch Wut, unvermeidlich. Vor zwei Wochen bestätigte das Berufungsgericht Impagnatiellos lebenslange Haftstrafe, schloss aber den erschwerenden Umstand des Vorsatzes aus. „Ich bin wütend. Giulia wurde monatelang vergiftet. Es ist ungerecht“, sagt Chiara. „Ein Kollateralopfer eines Femizids zu sein, bedeutet, jeden Tag zu kämpfen. Man muss aussagen, seine Meinung sagen, ein Symbol werden. Aber vor Gericht geht man nie als Sieger hervor. Wir haben alle verloren.“

(Unioneonline/Fr.Me.)

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